Delplanqueia inscriptella (Duponchel, 1836) neu für die Schweiz und Bestätigung des Schweizer Vorkommens von Pempeliella bayassensis Leraut, 2001 (Lepidoptera: Pyralidae, Phycitinae)
Author
Schmid, Jürg
Poststrasse 3, CH- 7130 Ilanz;
juerg_schmid@bluewin.ch
text
Entomo Helvetica
2016
2016-05-01
9
35
39
journal article
10.5169/seals-986143
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1662-8500
7789254
Delplanqueia inscriptella
(Duponchel, 1836)
Die Exemplare des Taxons
Delplanqueia dilutella
([Denis & Schiffermüller], 1775) zeichnen sich in vielen Sammlungen dadurch aus, dass ihre Variabilität scheinbar überdurchschnittlich breit ist; neben grossen, hellgrauen Tieren stehen kleinere, dunkelrot-braune; zeichnungsarme neben weiss überpuderten.
In seinem neuen Pyraliden-Buch führt
Leraut (2014)
das Taxon
Delplanqueia inscriptella
(Duponchel, 1836)
, ursprünglich aus Südfrankreich beschrieben und noch im Verzeichnis der Schmetterlinge Frankreichs, Belgiens und Korsikas (
Leraut 1997
) als fragliches Synonym zu
Pempeliella sororiella
(Zeller, 1839)
gelistet, als bona species auf und berichtet, dass es in ganz
Frankreich
weit verbreitet sei und sich genitaliter von
D. dilutella
gut unterscheiden lasse. Daraufhin hat Agassiz Sammlungsmaterial von den Britischen Inseln untersucht und
D. inscriptella
auch dort festgestellt, ebenso wiesen Karsholt und Wilhelmsen beide Arten für
Dänemark
nach (
Agassiz 2015
). Diese Ausgangslage verlangte nach einer Klärung auch in unserem Land, und so wurden einige Exemplare aus Graubünden in der Sammlung des Autors genitaliter untersucht.
Pempeliella bayassensis
Leraut, 2001
P. bayassensis
wurde nach fünf männlichen Exemplaren beschrieben, die Leraut aus den französischen Alpen (Dépt. Alpes-de-Haute-Provence, Dépt. Hautes-Alpes), aus
Marocco
und aus der
Schweiz
, Zinal (VS), vorlagen. Die Art wurde später auch in
Spanien
entdeckt (
Gaston et al. 2014
). In
Leraut (2014)
wird auch der Kanton Graubünden (Grisons) erwähnt, wobei es sich um eine geografische Fehlzuordnung von Zinal (VS) handelt.
P. bayassensis
ist äusserlich sowohl in Grösse als auch in der Zeichnung sehr ähnlich
Pempeliella ornatella
([Denis & Schiffermüller], 1775)
, unterscheidet sich aber deutlich in den Genitalien beider Geschlechter (abgebildet in
Leraut 2014
).
MATERIAL UND RESULTATE
Delplanqueia inscriptella
(Duponchel, 1836)
:
Insgesamt wurden 13 männliche Tiere genital untersucht. Davon erwiesen sich 7 als
D. dilutella
und zwar von folgenden Fundorten:
• Trin (GR),
650 m
ü. M.;
15.6.2006
• Castaneda (GR),
570 m
ü. M.;
18.6.2008
• Tomils (GR),
1020 m
ü.M.;
10.8.2004
• Ramosch (GR),
1140 m
ü. M.;
10.7.2008
• Brusio (GR),
960 m
ü.M.;
13.7.2009
• Felsberg (GR),
730 m
ü. M.;
24.8.2002
• Felsberg (GR),
580 m
ü. M.;
11.7.2002
Als
D. inscriptella
erwiesen sich 6 Tiere von:
• Lumnezia-Degen (GR),
1080 m
ü.M.;
27.6.2004
• Trin (GR),
760 m
ü. M.;
6.9.2013
• Sagogn (GR),
800 m
ü. M.;
13.6.2002
• Sagogn (GR),
690 m
ü. M.;
27.6.2003
• Felsberg (GR),
600 m
ü.M.;
17.6.2007
• Felsberg (GR),
590 m
ü. M.;
16.7.1995
Es zeigt sich, dass die genitaliter als
D. dilutella
determinierten Tiere in der Regel etwas grösser waren, eine hellbraun-weissliche Zeichnung und meist auch eine weisse Subbasalbinde aufwiesen, was schon Agassiz aufgefallen war (
Agassiz 2015
).
Abb. 1. (Fotos Jürg Schmid)
Linke Reihe: männliche Tiere von
D. dilutella
;
Rechte Reihe: männliche Tiere von
D. inscriptella
. Oben: Castaneda (GR), 570 m ü.M.; 18.6.2008; Sagogn (GR), 800 m ü.M.; 13.6.2002; Mitte: Trin (GR), 650 m ü.M.; 15.6.2006; Felsberg (GR), 600 m ü.M.; 17.6.2007; Unten: Tomils (GR), 1020 m ü. M.; 10.8.2004; Trin (GR), 760 m ü. M.; 6.9.2013.
Abb. 2. Aedeagi: Links:
D. inscriptella
(Felsberg bzw. Sagogn). Rechts:
D. dilutella
(Castaneda bzw. Trin) (alle Bilder gleicher Massstab). (Fotos Jürg Schmid)
Abb. 3. Oben:
P. bayassensis
, männliches Tier und dazugehöriger Aedeagus. Unten:
P. ornatella
, männliches Tier und dazugehöriger Aedeagus. (Foto Jürg Schmid)
D. inscriptella
dagegen sind eher dunkel-rotbraun, mit verdüsterten oder fehlenden Zeichnungselementen (
Abb. 1
). Vergleicht man die Fundorte, so fällt auf, dass beide Arten zwar nicht streng syntop gefangen worden sind, aber doch im gleichen Lebensraum vorkommen. Alle Fundorte sind warmtrockene Habitate kolliner und montaner Höhenlage.
Bei den männlichen Genitalien sind die Aedeagi das beste Unterscheidungsmerkmal:
D. dilutella
weist einen Cornutus auf, der etwa die Länge des Aedeagus hat, währenddem er bei
D. inscriptella
deutlich länger ist (
Abb. 2
).
Pempeliella bayassensis
Leraut, 2001
Die zahlreichen Exemplare von
P. ornatella
in der Sammlung des Autors
wurden genauer überprüft, wobei ein männliches Tier auffiel, das leicht aus der Variationsbreite der Art herausstach. Eine Genitaluntersuchung erbrachte bei einer Spannweite von
25.3 mm
den Beweis, dass es sich dabei um eine
P. bayassensis
handeln muss (
Abb. 3
). • Fundort: Tujetsch (GR), Selva (GR), 1600 mü.M.;
16.6.2006
leg. und gen. det. J. Schmid Beim Biotop handelt es sich um eine xeromontane, südexponierte, magere Böschung mit
Laserpitium halleri, Thymus
und
Dianthus sylvestris
.
DISKUSSION
Delplanqueia inscriptella
(Duponchel, 1836)
Nun ist klar geworden, dass offenbar zwei Arten bisher zusammengeworfen wurden, die sich mit etwas Übung sowohl in den Genitalien als auch phänotypisch unterscheiden lassen:
D. dilutella
und
D. inscriptella
.
Nachdem
D. inscriptella
lange als eine französische Art galt, ist sie inzwischen auch aus
Spanien
,
England
und
Dänemark
belegt. Die hier vorgestellten Funde betreffen die
Schweiz
, – sicher kann sie auch in
Deutschland
,
Österreich
und
Italien
erwartet werden.
Pempeliella bayassensis
Leraut, 2001
Die heutigen Kenntnisse über die Verbreitung von
P. bayassensis
sind sehr lückig und lassen kaum Rückschlüsse auf das tatsächlich bewohnte Areal der Art zu; möglicherweise ist sie in der subalpinen Stufe des Alpenraums zwar sehr lokal aber doch weit verbreitet. Umso wichtiger scheint es, Sammlungstiere des Taxons
P. ornatella
genau zu untersuchen. Ein erster Anhaltspunkt zur Identifikation könnte das schon von Leraut betonte Merkmal der deutlich vorhandenen, gewellten Antemedianlinie im Vorderflügel sein, die bei
P. orntella
höchstens noch als einzelne Flecken vorhanden ist (
Leraut 2001
). Für eine sichere Determination ist aber die Genitaluntersuchung wohl unumgänglich. Eine weitere Art, die in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen wäre, ist
Pempeliella sororiella
. Die Genitalien sind in beiden Geschlechtern denjenigen von
P. bayassensis
sehr ähnlich, doch soll
P. sororiella
gemäss
Leraut (2014)
lediglich
15–19 mm
spannen,
P. bayassensis
hingegen
20–27 mm
. Weitere Unterscheidungsmerkmale zu
P. sororiella
sind nach Leraut: die breitere Postmedianlinie, die starke weisse Bestäubung der Costalregion sowie die Länge des Saccus und das Ausmass der Tympanalorgane (
Leraut 2001
).