Bemerkungen über Lestiden (Odonata).
Author
E. Schmidt
text
Entomologie Mittelungen Berlin
1928
17
4
244
251
journal article
10.5281/zenodo.3545716
3545716
1. Calvert begründet die Isolierung seiner
Lestinae
mit einem Pliigeladernngsmerkmal: Der Ursprung von
M
B (Needhamsche Terminologie) liegt näher bei dem Arculus als dem Nodus. Da diese Lage bei den Calopterygiden die Eegel ist, wird es verständlich, dass die neue Subfamilie gelegentlich unter den Calopterygiden auftaucht (
Williamson
,. Proe. ü. S. Nat. Mus. Washington 28, 1904, p. 167), wenngleich ihr traditioneller Verbleib bei den Agrioniden in der Folgezeit noch üblich bleibt.
Die Auffindung der schiefen Querader zwischen
M
3 und Rs und deren entwicklungsgeschichtlicher Bedeutung bei den Lestinen durch Needham ') Erst hei 40 fachor Vergrösserung zeigen die Flügeldecken sehr kurze
uni
foino weisse Hiircluui.
(Proc.
U
. S. Nat. Mus. Washington 26, 1903, p. 748) mag dann einen Anstoss gegeben haben zu ihrer Entdeckung bei
Chlorolestes
(Herbert Campion)
und
Synlestes
(Eis und Tillyard,
et
Ann. S. Afr. Mus. 18, 1921, p. 256f., 268), 2 Genera, die ursprünglich von de Selys der Legion
Podagrion
einverleibt, nuu zu den
Lestinae
gestellt wurden. Die Beschaffenheit auch anderer Merkmale, wie des Larvenlabiums (Tillyard, Biology of Dragonflies 1917, p. 83, Mg. 32g, Barnard, Ann. S. Afiv Mus. 18, 1921, p. 446), des Kaumagens (Tillyard 1. c. p. 106f., 276f.),. der Penisspitze (Schmidt, Zool. Jahrb.
Abt
. Anat. 39, 1915, p. 147,. 190) und besonders der Hamuli anteriores der ♂ (Schmidt, 1. c.
Texttig-
. Jf, p. 131, 132, 190) rechtfertigen diesen Schritt durchaus. Das oben erwähnte, einst von Calvert betonte Flügeladerungsmerkmal musste nun zunächst zurücktreten; bei Tillyard (Proc. Linn. Soc. N. S. Wales
3
9r 1914, p. 203,. 40, 1915, p. 228 f.) kommt es aber in etwas veränderter Form wieder zum Vorschein: hier finden wir die ehemalige Subfarailie
Lestinae
zur Familie
Lestidae
erhoben. Sie enthält 4 Subfamilien: 1.
Epiophlebiinae
,
eine
recente
Art enthaltend — die aber Handlirsch (Die fossilen Insekten 1906, p. 464 1, 1230) unter dem
Synonym
Neopalaeophlebia
in eine
besondere
Unterordnung
Anisozygoptera
gestellt hatte
, worin
ihm
Tillyard
später
beipflichtete;
2.
Lestinae
, die de Selys'sche
Legion
Lestes
enthaltend; 3.
Heterophlebiinae
,
nur
fossil bekannt
; 4.
Synlestinae
mit
Chlorolestes
und
Synlestes
.
Einen Schritt weiter geht Kennedy (Ohio Journ. Sei. 21, 1920,. p. 2 1, 25f.), indem er das bisher wenig bekannte, von de Selys zur Legion
Podagrion
gestellte, neotropische Genus
Perilestes
auf Grund der Penisform, der „male appendages aud gizzard" den Lestiden als besondere Subfamilie
Perilestinae
einreiht. Damit konnte
Needham's
Merkmal der schiefen Querader zwischen
M
3 und Es, das
Perilestes
nicht zukommt,, die Familie nicht mehr zusammenhalten, und dieselbe Schwierigkeit ergab sich, als das australische
Chorismagrion Risi
durch
Morton
(Trans.
Eut. Soc. Lond. 1914, p. 169—172) bekannt wurde und sich sogleich als am nächsten verwandt mit
Synlestes
erwies, obwohl der unvollständige Arculns im Vorderflügel, den jene Art mit dem
3
von
Hemiphlebia mirabilis
Selys und in beiden Flügeln mit mehreren Fossilen gemein hat, zu einer Vereinigung mit jener in einer besonderen Legion verleiten konnte (Sjöstedt, Arkiv Zool. 11, 1917, No. 11, p. 41). Das bei
Perilestes
und
Chorismagrion
völlige Fehlen der schiefen Querader zwischen M2 und Es erscheint verständlich, wenn man erfährt, dass dieses Merkmal auch bei Individuen von
Synlestes Weyersi
gelegentlich im Stiche
lässt
(Tillyard, Ent. News
33
, 1922,.p. 46).
Später
fügt Kennedy (Bali. Mus.
Comp
.
Zool
. 67, 1925, p. 306) eine vierte — wenn man von den
bereits
abgetrennten
Epiophlebiinae
und
den
fossilen
Heterophlebiinae
absieht — Subfamilie hinzu:
Megalestinae
,
die aus 2 Genera
Megalestes
und
Chalcolestes
,
gebildet wird, welche bisher bei den
Lestinae
standen. Eine Begründung wird nicht gegeben; vermutlich werden Penischaraktere massgebend sein (cf. Ohio Journ. Sei. 21, 1920, pl. I, flg. 1 und 2; betr.
Chalcolestes
siehe unten!)
Wenn nun auch ein allen genannten Formen zukommendes Merkmal existieren wird, wie Anordnung und Form der Zähne des Kaumagens oder die Form der Penisspitze, so muss es doch erwünscht erscheinen, dass dieses Merkmal nicht nur bequem zugänglich ist, sondern auch beiden Geschlechtern zukommt, Die Untersuchung der Penisspitze ist in der Kegel unbequem, nur ausnahmsweise ohne Abtrennung des Penis möglich, da dessen distaler Teil, auf den es ankommt, fast immer unter der Samenkapsel verborgen ist (vgl. Fig. l b).
Mir
scheint aber,
dass
die Form der vorderen Hamuli am 2. Abdominalstern it der
♂,
die bequem, ohne Präparation, er- kennbar ist, ein für alle Lestiden charakteri- stisches Merkmal abgibt (äussere Platten nach hinten stark vorgezogen) (ha, siehe Fig. l a im Gegensatz zu l b); es konnte geprüft werden an den mitteleuropäischen Lestiden, an
Lestes Simu- lator
(Madagaskar)
, an
L. undulatus
,
helix
und
dichrostigma
(neotrop.),
L. uncatus
,
un- guiculatus
(nearet.),
L. temporalis
(Japan)
,
L. gracilis
(Japan)
,
analis
und
paludosus
(Au- stralien), an
Archilestes
,
Chlorolestes
,
Syn- lestes
und
Chorismagrion
.
Bei keiner Agrio- nide oder Calopterygide habe ich bisher diese Form der vorderen Hamuli wiedergefunden. Da die Grenze hier scharf zu sein scheint, — vorbehaltlich des Falles
Perilestes
, den ich noch nicht vergleichen konnte —, schärfer sogar als bei der Penisform (cf.
Chlorolestes
,
Zool.
Jahrb
.
Abt
.
Anat
.
39
, 1915, Tat. 11, tig, 53), bin ich geneigt, dieses Merkmal für das beste zur
Begrenzung
der Lestiden -♂ gegen die ♂ der übrigen Zygopteren zuhalten. Vielleicht geben auch Teile des Ovipositors der ♀ Lestiden, wie die auffallend
grossen
Basalstucke, deren Formunterschiede bei
Lestes
sogar zur Gruppenteilung verwendet werden könnten, ein Merkmal zur Familenabgrenzung her, was noch festzustellen wäre.
Fig 1. Vontralansiolit des 2. und 8 Abdominalsterm'tsi des ♂ von a
Archilestes
grandis
,
b
Erythromma na- ias
.
ha Hamuli anterioros; pn I'enia; ak Samenkapsel.
Das Ziel, ein für beide Geschleckter gültiges Merkmal zu finden, sucht nun neuerdings Tillyard durch einen Kompromiss zu erreichen. Solche Merkmale werden bei den Odonaten bisher meist im Flügelgeader gesucht, und so erklärt es sich wohl am ehesten, wenn'ein von de Selys
(Revision du Synopsis des Agrionines, 1886, sep. p. 90) für
Synlestes
verwendetes, von
Münz
(Mem. Amer. Ent. Soc.
3
, 1919, p. 6 2, 5b) auch auf andere Genera bezogenes Merkmal, nämlich die stark costalwärts gerichtete Biegung der Ader Cu1 bei ihrem Abgang vom Flügelviereck von Tillyard als Kennzeichen für die neue Familie
Synlestidae
verwendet wird (The insects of Australia and New Zealand 1926, p. 7 6, 7 8). Diese enthält ausser
Synlestes
und
Chlorolestes
iiaocli
Chorismagrion
und
Perilestes
(wie bei
Münz
), ferner bemerkenswerterweise den indischen
Me - galestes
.
Mit nicht geringerem Recht als letzterer wäre m. B. auf Grund jenes. Merkmals auch
Archilestes
und der mediterrane
Lestes viridis
hier einzureihen, was deutlich
genug
den gleitenden Charakter und damit die Unhaltbarkeit
jenes
Aderungsmerkmals dartut, wenn es als Kennzeichen für die
Synlestidae
im
Gegensatz
besonders zu
Tillyard's
Lestidae
(sensu 1926) nebst den übrigen Familien seiner
Coenagrioidea
über Australien hinaus
gelten
soll.
Maa
fragt sich auch, warum die
Lestidae
in der systematischen Anordnung der neuen Familien von den
Synlestidae
,
mit denen sie bisher eine
gemeinsame
Familie bildeten, durch die
Mega- podagriidae
getrennt
werden
sollen
(Tillyard 1.
c
. p. 76, 78).