Die Gallische Feldwespe Polistes gallicus (Linnaeus, 1767) nun auch in Basel (Hymenoptera: Vespidae)
Author
Neumeyer, Rainer
Probsteistrasse 89, CH- 8051 Zürich;
neumeyer.funk@bluewin.ch
text
Entomo Helvetica
2018
2018-06-01
11
143
148
journal article
54422
10.5169/seals-986031
dca70a23-2627-49ee-b475-675ad181e3e2
1662-8500
8043578
Auf Pastinak
Pastinaca sativa
und auf Goldruten
Solidago
spp.
wurden im Untersuchungsgebiet insgesamt 5 (
4 ♀
,
1 ♂
) Individuen der Gallischen Feldwespe (
Abb. 3
) gesammelt:
•
1 ♀
,
Polistes gallicus
(Linnaeus, 1767)
;
Basel
(BS),
ehemaliger DB-Rangierbahnhof
(612185/269635, 252 mü.M.);
15.8.2018
,
Rainer Neumeyer
leg. et det.,
NHMB
coll.
•
1 ♀
,
Polistes gallicus
(Linnaeus, 1767)
;
Basel
(BS),
ehemaliger DB-Rangierbahnhof
(612165 /269705,
252 m
ü. M.);
15.8.2018
,
Rainer Neumeyer
leg., det. et coll.
•
2 ♀
,
1 ♂
,
Polistes gallicus
(Linnaeus, 1767)
;
Basel
(BS),
ehemaliger DB-Rangierbahnhof
(612315/269790, 252 mü.M.);
15.8.2018
,
Rainer Neumeyer
leg., det. et coll.
Die Art flog hier am
15.8.2017
während meiner 4-stündigen Präsenzzeit so häufig und unübersehbar, dass ich problemlos noch weitere Individuen hätte sammeln können. Vor 22 Jahren hingegen konnte ich noch keine
Spur der Gallischen Feldwespe
finden, als ich vom 24. März bis zum
26. August 1995
im Rangier- und Güterbahnhof (insgesamt 52 ha) der DB an 12 verschiedenen Tagen während insgesamt 46 Stunden und 45 Minuten nach Stechimmen (
Hymenoptera
: Aculeata) suchte (
Neumeyer 2000
). Seither ist die soziale und somit relativ auffällige Art offenbar neu in die Region Basel (Regio Basiliensis) eingewandert und das nicht erst seit letztem Jahr.
Doczkal (2017)
meldet nämlich als Erstnachweis für
Deutschland
ein
♀
von
Polistes gallicus
aus einer Kiesgrube [gravel pit] in Grenzach-Wyhlen (D,
47° 32’08” N
/
7° 41’35”E
,
270 m
ü. M.), das dort
in der Zeitspanne
vom 18.4. bis zum
2.5.
2009
in eine
Malaisefalle
geriet.
Seine Zweifel
(«As this record of a social wasp is based on a single specimen only, it remains doubtful if
P. gallicus
has an autochthonous population in the study area»), ob man vom
Fund
eines einzelnen
Individuums
auf eine ansässige
Population
schliessen dürfe, können hier zerstreut werden.
Die
erwähnte
Kiesgrube in Grenzach-Wyhlen
(D) liegt keine
10 km
vom Rangier- und
Güterbahnhof
der DB entfernt, sodass alle vorliegend erwähnten
Individuen der Gallischen Feldwespe
wohl als
Mitglieder
derselben
Population
betrachtet werden dürfen.
Die Gallische Feldwespe
Polistes gallicus
ist in der
Schweiz
nach
der Zierlichen Feldwespe
Polistes bischoffi
Weyrauch, 1937
(
Neumeyer et al. 2011
, 2014, 2015) nun übrigens die zweite
Feldwespe
, die sich in den letzten
Jahren
oder
Jahrzehnten
nach
Norden
ausgebreitet hat.
Beide Arten
sehen sich sehr ähnlich (
Schmid-Egger et al. 2017
) und bauen ihre
Nester
an
Pflanzenstängel
, die
Zierliche
Feldwespe allerdings in
Flachmooren
, die
Gallische Feldwespe
in ariden
Biotopen
.
Abb. 3. Je ein ♀ (
a
,
c
,
e
) und 1 ♂ (
b
,
d
,
f
) der Gallischen Feldwespe
Polistes gallicus
(Linnaeus, 1767)
jeweils von oben (
a
,
b
), von der Seite (
c
,
d
) und von vorne (
e
,
f
). Das ♀ (RN0103) wurde am 8.8.2012 bei San Antonino (TI) (718438 / 112713, 215 m ü. M.) gefangen, das ♂ (RN0478) am 26.7.2013 auf der kroatischen Insel Krk (45° 01’ 59.8’’ N / 14° 33’ 53.0’’ E). Das ♀ wurde erfolgreich sequenziert (
Neumeyer et al. 2014: 72
). (Fotos Rainer Neumeyer, auf Keyence VHX-2000)
Neben der Gallischen Feldwespe wurden im Untersuchungsgebiet am
15.8.2017
noch 22 weitere Arten von Stechwespen festgestellt (
Tab. 1
), nämlich 1 Goldwespe (
Chrysididae
), 8 Echte Grabwespen (
Crabronidae
), 2 Wegwespen (
Pompilidae
), 2 Langstiel-Grabwespen (
Sphecidae
) und 9 Faltenwespen (
Vespidae
). Nicht weniger als 16 (69.6%) dieser insgesamt 23 Stechwespenarten konnten 1995 im Rangier- und Güterbahnhof der DB noch nicht nachgewiesen werden (
Neumeyer 2003
). Damit erhöht sich die Zahl, der für den Rangier- und Güterbahnhof der DB bekannten Stechwespen (
Hymenoptera
: Aculeata, nec
Apidae
) von 34 (
Burckhardt et al. 2003: 218–219
) auf 50! Einige dieser neuen Arten mögen damals übersehen worden sein, aber kaum alle 16. Die Gallische Feldwespe dürfte somit nicht die einzige seit 1995 neue Stechwespenart im Untersuchungsgebiet sein, sodass man von einem faunistischen Wandel ausgehen darf. Die Frage, ob die neu eingewanderten Arten die lokale Artenliste lediglich additiv bereicherten oder aber alteingesessene Arten verdrängten, kann hier nicht beantwortet werden. Dazu müsste das Gebiet so untersucht werden, wie das 1995 geschah (
Neumeyer 2000
,
2003
), nämlich intensiver und vor allem nicht nur im August, sondern während der gesamten Vegetationsperiode. Man kann nicht ausschliessen, dass mehrere der neu gefundenen Arten von der Klimaerwärmung profitierten.