Die Oribatiden-Arten (Acari) eines suedwestdeutschen Buchenwaldes I.
Author
Beck, L.
Author
Woas, S.
text
carolinea
1991
49
37
82
http://unknown
journal article
ORI5378
Eremaeus hepaticus C. L. Koch, 1836
Bestimmung nach SELLNICK (1928:37), WILLMANN (1931:135)
Laenge
520 & 570
ym
,
Laenge
:Breite 1,75 & 1,80 (2 weibl. Ex.)
Kurzdiagnose (Abb. 2)
Aussenrand
der Lamellen etwas
S-foermig
gebogen, Innenrand (Anheftungsstelle)
woelbt
sich mediad konvex vor. Hinterrand des Prodorsum seitlich mit deutlicher, etwas gegliederter Leiste, die sich mediad in die "Halskerbe "
hinabwoelbt
.
Ueber
diese Hinterrandleiste ragen 2 Apophysen hinweg. Rostral- und Lamellarhaare schlank und
aussenseitig
schwach beborstet; die Lamellarhaare inserieren deutlich weiter auseinander als die Rostralhaare, doch sind alle Insertionsstellen in Dorsalansicht sichtbar. Interlamellarhaare
kraeftig
, eher
stabfoermig
und sehr schwach beborstet. Exobothridialborsten sehr schlank. Sensiilus etwas
laenger
als der Abstand der Bothridien voneinander, mit schlanker, deutlich beborsteter Keule, die
ueber
die
Haelfte
der
Sensilluslaenge
einnimmt.
Umriss
des Notogaster
eifoermig
, breiteste Stelle in der hinteren
Haelfte
. 10 Paar Notogasterhaare, alle schlank, spitz zulaufend und sehr schwach beborstet. Zahl der Borstenpaare anal 5, adanal 5, genital 6, aggenital 1. Tarsen der Beine mit langem, stielartigem Ambulacrum, das jeweils 3 Krallen
traegt
.
Belegmaterial:
Stadtwald Ettlingen
, Moderbuchenwald, Moos an
Stammfuss
,
1/ 1988
I. WUNDERLE
leg., 1 Ex.,
LNK A
0306
;
weiteres Exemplar als
Dauerpraeparat
.
Diskussion
Die Kurzdiagnose
umfasst
alle Merkmale, die in den uns bekannten Diagnosen der beiden
fuer
Deutschland angegebenen Arten,
E. hepaticus C. L. Koch
, 1836 und
E. oblongus C. L. Koch
, 1836 (nach Piffl 1965
waere
fuer
beide Zitate die Jahreszahl 1835 die richtige)
aufgefuehrt
sind, insbesondere die in Sellnick (1928) und Willmann (1931).
In Stellung und Form der Lamellen, Lage der Insertionsstellen der Lamellarhaare - sie sind bei unseren Exemplaren weder "deutlich auf dem
Ruecken
des Prodorsum" (
hepaticus
) noch "von oben nicht zu sehen" (
oblongus
)
- und Form der Tarsen nehmen unsere beiden Exemplare eine
intermediaere
Stellung ein. Sensiilus
laenger
als Entfernung der Bothridien voneinander spricht
fuer
E. hepaticus
, "Lamellarhaare bedeutend weiter auseinander als Rostralhaare" (Willmann 1931:135) spricht
fuer
E. oblongus
. Die
intermediaere
Stellung unserer Tiere wird auch deutlich im Vergleich mit den einzigen guten, uns bekannten Abbildungen des Prodorsum von
E. oblongus
und
E. hepaticus
von Strenzke (1955), der beide
fuer
gute Arten
haelt
.
Die Zahl der Notogasterhaare ist
fuer
beide Beschreibungen unsicher. Auf den Abbildungen bei Willmann (1931:135) sind 10 (
hepaticus
) und 7 (
oblongus
) zu sehen, bei Sellnick (1928:37) 9 (
hepaticus
). Mit ziemlicher Sicherheit sind die Haare ps2 und ps3, da von dorsal kaum sichtbar, nicht gezeichnet (vielleicht ist eine der beiden in der hepafevs-Zeichung von Willmann mitgezeichnet). Als wahrscheinliche Anzahl ergibt sich
fuer
E. hepaticus
die Anzahl 11,
fuer
E. oblongus
10, da bei letztem wahrscheinlich auch das la-Haar
uebersehen
wurde (vgl. Piffl 1965). Die 10 Notogasterhaare unserer Exemplare sprechen also
fuer
E. oblongus
. Die
Koerperform
ist bei
E. hepaticus
eher breit, nach Willmann ist
Laenge
:Breite = 1,75;
E. oblongus
ist dagegen "lang und schmal",
Laenge
:Breite = 2,0. Die
Koerperform
unserer Exemplare spricht
fuer
E. hepaticus
. Unter Hinzuziehung von 2 weiteren Proben aus Moos und modrigem Holz von Baumstubben in einem Moderbuchenwald bei Schriesheim (Heidelberg) ergibt sich folgendes Bild:
- Weibchen,
Laenge
520-570
ym
,
Laenge
:Breite 1,75- 1,80 (4 Ex., einschl. der beiden Exemplare aus dem Stadtwald Ettlingen)
-
Maennchen
,
Laenge
500-520
ym
,
Laenge
:Breite 1,80- 1,95 (9 Ex.)
In den beiden Proben aus Schriesheim fand sich jeweils 1
Maennchen
, einmal unter insgesamt 2 Tieren, in der anderen Probe unter mehr als 10 Tieren, das etwas
laenger
, vor allem aber wesentlich schlanker ist als die
uebrigen
Tiere:
-
Maennchen
,
Laenge
530 & 545
ym
,
Laenge
:Breite 2,20 (2 Ex.)
Saemtliche
Tiere besitzen 10 Paar Notogasterhaare,
saemtliche
aufgefuehrten
Merkmale variieren erheblich, vor allem Gestalt des Sensillus, des Lamellarkomplexes,
Auspraegung
des Hinterrandes des Prodorsum und Skulptur der Kutikula auf dem Prodorsum. Offenbar bleibt als einziges, scheinbar sicheres Merkmal nur 10 versus 11 Notogasterhaare, aber es ist nicht erwiesen, ob
hepaticus
tatsaechlich
11
traegt
und, wenn dies der Fall ist, ob dieses Merkmal
ueberhaupt
stabil ist und eine Arttrennung erlaubt, angesichts der verschiedenen Neotrichien in der Gattung
Eremaeus
(vgl. Piffl 1965).
Abbildung
2.
Eremaeus hepaticus C. L.
KOCH, 1836: a) dorsal; b) Prodorsum; c) caudal.
Wir entscheiden uns auf Grund des
Ueberwiegens
der breiten Formen
fuer
den Namen E. hepaticusC. L. Koch, 1836 und nehmen an,
dass
auch die beiden schlanken Tiere, die durchaus der Beschreibung von
E. oblongus
entsprechen, zu dieser Art
gehoeren
1). Die anscheinend bis ins Mikrohabitat gleichen
Umweltansprueche
beider Arten (vgl. Willmann 1931, Strenzke 1952)
naehren
zusaetzlich
den Verdacht,
dass
beide Arten identisch sind. Nicht nur dies wird bei einer Revision der Gattung nachzupruefen sein, sondern auch der Verdacht,
dass
angesichts der
betraechtlichen
Variabilitaet
der verwendeten Merkmale die
europaeischen
Arten
E. areolatus Kunst
, 1959,
E. figuratus
WINKLER, 1956,
E. fossulatus Kunst
, 1957,
E. silvaticus (Forsslund)
Winkler, 1956 und
E. valkanovi Kunst
, 1957 ebenfalls nur Formen einer sehr variablen Art sind, die wir
E. hepaticus
nennen
wuerden
.
Moeglicherweise
gehoert
sogar die als einzige
sorgfaeltig
beschriebene Art,
E. roissi
Piffl, 1965 aus dem Karakorum, in den gleichen polytypischen Artenkomplex. Die Arten von Mihelcic (1955, 1957, 1963) zu identifizieren und einzuordnen wird noch schwieriger werden als bei den genannten Arten.
Wir halten es
grundsaetzlich
fuer
sehr wahrscheinlich,
dass
bei einer Gattung wie
Eremaeus
, die im System der
Oribates
superieurs ziemlich an der Basis einzuordnen ist, die
Auspraegungen
der Merkmale innerhalb der Arten noch sehr variieren; dies unter anderem deshalb, weil diese Arten meist in geringer
Populationsstaerke
auftreten und in kleinen Populationen durch
Einschraenkung
der Rekombination Merkmale nicht so sehr vereinheitlicht werden. Bei umfassender Analyse ist zu erwarten,
dass
die
Variablitaet
der Merkmale kaum
Diskontinuitaeten
aufweist und deshalb nicht zur
Begruendung
so vieler Arten dienen kann.
1) Bei weiteren Untersuchungen im Moderbuchenwald des Stadtwaldes Ettlingen fand I. Wunderle
ueber
100 Tiere einer
Eremaeus-Art
in einundderselben Moos-Probe vom
Fuss
eines Buchenstammes. Nach einer ersten mikroskopischen
Ueberpruefung
von 20 Exemplaren sind 18 dieser Tiere wahrscheinlich der gleichen Art,
naemlich
E. hepaticus
, zuzuordnen wie die bisherigen
spaerlichen
Funde. Ein Tier jedoch
faellt
nicht nur mit einer
Groesse
von 620
ym
aus dem
Variabilitaetsrahmen
der
uebrigen
Tiere dieser Probe (515-555
ym
) oder aller bisher bekannten
suedwestdeutschen
Tiere (s.o.), sondern auch anderen Merkmalen nach wie dem Lamellarkomplex. Ein weiteres Exemplar hat
intermediaeren
Charakter. Danach scheint die
Variabilitaet
noch
groesser
zu sein als bisher angenommen und die
Ueberpruefung
der
europaeischen
Eremaeus-Arten
ebenso wie die Nachuntersuchung unseres Materials aus dem Stadtwald Ettlingen umso dringlicher.