Notizen zur Taraxacum-Flora Österreichs und Südtirols
Author
Uhlemann, Ingo
text
Neilreichia
2011
6
27
53
journal article
36482
10.5281/zenodo.303107
a42c4992-21e8-422c-b4c6-37e959b0be74
Sektionen der Gattung
Taraxacum
Aus Österreich und Südtirol sind bisher 15 Sektionen der Gattung
Taraxacum
bekannt (ADLER & al. 1994, FISCHER & al. 2008). Das Vorkommen zweier weiterer Sektionen (
T
.
sect. Obliqua
;
T. sect. Erythrocarpa
) ist wahrscheinlich bzw. eine Frage der systematischen Position von
T. aquilonare
(vgl. die Fußnote auf S. 30 bzw. unten!).
Die auf Sonderstandorte des Tieflands beschränkten Sektionen
T. sect.
Dioszegia
und
T. sect. Piesis
(mit nur je einer Art:
T. serotinum
bzw.
T. bessarabicum
, beide sexuell) sind taxonomisch unkritisch. Die Sektion
Palustria
wurde kürzlich monographisch bearbeitet (
KIRSCHNER & ŠTĚPÁNEK 1998
) und damit auch in Österreich und Südtirol ausgiebig untersucht. Als völlig unbearbeitet müssen die Sektion
Ruderalia
und die nahestehende Sektion
Hamata
angesehen werden. Auf Neufunde der
sect. Ruderalia
wird unten eingegangen.
Unter den alpinen Taraxaca sind die Sektionen
Pachera
,
Arctica
und
Rhodocarpa
mit jeweils nur ein bis zwei Arten im Gebiet ohne taxonomische Probleme. Bei den seltenen Arten in
T
.
sect. Borealia
(syn.:
T
.
sect. Ceratophora
) zeigen sich keine größeren Probleme, dennoch aber einzelne Fragen, welche weiter unten diskutiert werden. Unter den verbleibenden alpinen Gruppen dürften die Kenntnisse bei
T
.
sect.
Alpina
noch am weitesten reichen, auch wenn sich noch unbeschriebene Taraxaca mit „Arbeitsnamen“ im Herbarium des Verfassers befinden. Auf neun Arten dieser Sektion wird hier näher eingegangen. Völlig unzureichend sind die bisherigen Untersuchungen in den Sektionen
Fontana
und
Alpestria
.
Taraxacum
sect. Cucullata
dürfte taxonomisch weitgehend geklärt sein, wenngleich vor einem gewissen Mechanismus, alle Sippen mit eingerollten Zungenblüten dieser Sektion zuzuordnen, gewarnt werden muss. So erwies sich im Falle von
T. sulgerbueëlii
ein Transfer in die Sektion
Alpestria
als notwendig, da die zahlreichen Pflanzen am locus classicus (Schweiz, Churfürsten) im Jahre 2001 ohne Ausnahme flache, goldgelbe Zungenblüten zeigten und sich auch sonst von typischen Vertretern dieser Sektion nicht unterschieden. Offenbar sind die am Typus vorhandenen tubulösen, strohfarbenen Blüten das Resultat von Witterungsunbilden und/oder unzureichender Herbartechnik.
Die trockene Tieflandstandorte besiedelnde Sektion
Erythrosperma
wurde in jüngster Zeit in einer empfehlenswerten, sich verschiedentlich auch auf Österreich beziehenden Arbeit von
VAšUT (2003)
für das angrenzende Mähren (Tschechische Republik) bearbeitet, wobei darüber hinaus im Rahmen von Art-Neubeschreibungen auch Österreich berücksichtigt wird (z. B. SCHMID & al. 2004,
VAšUT & TRÁVNIČEK 2004
).
Das Vorkommen der
sect. Erythrocarpa
kann in wärmegetönten Regionen Österreichs als wahrscheinlich angesehen werden, weil Arten dieser Gruppe aus klimatisch ähnlichen Gegenden der Slowakischen Republik bekannt geworden sind (
KIRSCHNER & ŠTĚPÁNEK 1985
). Subalpine und alpine Vertreter der schwielentragenden, rotbraun- (seltener grau-)früchtigen Taraxaca mit zylindrischer Pyramide (so wahrscheinlich
T. aquilonare
) könnten entweder der Sektion
Obliqua
oder der Sektion
Erythrocarpa
zugeordnet oder zumindest mit jenen Sektionen in Beziehung gebracht werden (cf. KIRSCHNER & al. 2007–2009, KIRSCHNER, briefl.). Noch wahrscheinlicher dürfte es sein, dass
T. aquilonare
eine intermediäre Stellung zukommt.
Die atlantisch geprägte Sektion
Celtica
wurde von
BLAB (1991)
mit der am weitesten nach Osten reichenden Art
T. nordstedtii
erstmalig für Österreich im niederösterreichischen Waldviertel und damit am vermutlichen Südostrand ihres Areals nachgewiesen.