Lasioglossum (Evylaeus) pressithorax EBMER, 1974, (Hymenoptera, Apidae), eine sehr seltene ostmediterran-asiatische Halictidae, neu Iür Ŏsterreich und Mitteleuropa
Author
Ebmer, Andreas W.
Author
Kratschmer, Sopie
Author
Pachinger, Bärbel
text
Linzer biologische Beiträge
2019
2019-07-26
51
1
43
53
journal article
22841
10.5281/zenodo.3763612
af1c028a-08be-4840-a31a-2c67b8004800
0253-116X
3763612
Lasioglossum
(
Evylaeus
)
pressithorax
EBMER
,
1974
1974
Lasioglossum pressithorax
EBMER, Natkdl. Jb. Stadt Linz
1973
: 148-151, 157,
♀
♂. Loc. Typ.:
Türkei
, Antakya.
Typus
coll. Ebmer.
1975
Halictus
biarmicus
WARNCKE, Polsk. Pismo ent.
45
: 113-114,
♀
. Loc. Typ
.:
Türkei
, Bafra.
Typus
coll. Warncke, Biologiezentrum Linz. Synonymie:
WARNCKE 1982
, Boll.
Mus
. Civ. Stor. Nat. Venezia
32
(1981): 70.
1982
Halictus
stolidus
WARNCKE, Boll.
Mus
. Civ. Stor. Nat. Venezia
32
(1981)
: 71-72,
♀
. Loc. Typ.:
Türkei
, Taurus, Akseki.
Typus
coll. Warncke, Biologiezentrum Linz,
syn. nov.
B e s c h r e i b u n g: Der
Holotypus
von
H. biarmicus
wurde von Ebmer vor Jahren untersucht und für konspezifisch zu
L. pressithorax
erkannt. Beim
Holotypus
von
H. biarmicus
ist Tergit 1 seitlich hinter den Beulen ein wenig stärker punktiert und gleicht damit am ehesten dem
Paratypus
L. pressithorax
vom Sertavul-Pass. Warncke hat diese Synonymie auch selbst erkannt und 1982 publiziert (
WARNCKE 1982
).
Die neue Synonymie von
Halictus
stolidus
ist nur durch Untersuchung des Typus möglich. Der
Holotypus
trägt das Etikett: ̎
Türkei
, Akseki/Taurus, 25-IV-73,
1300m
, leg. Warncke̎. Warncke gibt in seiner Beschreibung keine eindeutige Diagnose, sondern nur einen Hinweis zu ̎den verwandten türkischen Arten̎ von
Microhalictus
. Diese sind ein sehr heterogenes Gemisch subjektiv ausgewählter Arten der ungemein artenreichen schwarzen carinaless-
Evylaeus
-Arten, welche sich meistens (aber nicht immer) durch das abgerundete Propodeum auszeichnen (sensu Sakagami und Ebmer;
EBMER 1997
). Die ganze Diagnose lautet: ̎
H. stolidus
unterscheidet sich von den verwandten türkischen Arten nicht nur durch den glänzenden und gleichmässig kräftig punktierten Kopf und die ebenso punktierte Thoraxoberseite, sondern vor allem durch das ziemlich gleichmässig punktierte 1. Tergit, einschliesslich der Depression.̎ (
WARNCKE 1982
). Diese kurze Diagnose und die folgende Beschreibung von Kopf und Thorax treffen in allem auf
L. pressithorax
zu. ̎Tergit 1 glatt und glänzend, fein, mässig dicht, aber gleichmässig auf der Scheibe punktiert, Abstand 2 Punktdurchmesser; Depression wie die Scheibe punktiert, Tergitbeulen punktfrei. 2. Tergit wie das 1., nur etwas kräftiger und an der Basis dichter punktiert.̎ (
WARNCKE 1982
).
Die Messungen der Tergitpunktierung des
Holotypus
von
L. stolidum
am Biologiezentrum Linz durch Ebmer ergaben: Tergit 1 auf der Scheibe +
8µm
/ 1,5-3,0 (die Abstände in Punktdurchmesser). Tergit 2 auf der Scheibe mitten
8-10 µm
/ 1,5-2,5. Inzwischen liegen deutlich mehr Exemplare von
L. pressithorax
vor und es kann festgestellt werden, dass der Typus von
L. stolidum
ein Exemplar am Rand der Variationsbreite von
L. pressithorax
ist.
Irritierend für die Synonymisierung ist auch die Grössenangabe von
H. stolidus
durch Warncke: ̎
♀
4mm
, also auffallend kleine Art.̎ Der
Holotypus
von
L. stolidum
ist
4,75mm
lang (Messung mittels Mikrometerstrichplatte), sieht durch das eingekrümmte Abdomen zudem kleiner aus und wäre gestreckt eher gegen
5 mm
gross. Der
Paratypus
von ̎
Israel
, Ramleh̎, ohne Datum und Sammler, in der Art des Fundortetiketts vermutlich von Bytinski-Salz, ist wirklich kleiner (
4,35mm
). Das Gesicht ist abweichend von den üblichen
L. pressithorax
♀
nicht so kreisrund nach unten verschmälert, so dass es zuerst eher als ein winziges
♀
von
L. eurydikae
EBMER, 1974
aus der
L. marginellum
-Gruppe erschien. Bei weiteren Untersuchungen mit umfangreicherem Material von
L. pressithorax
zeigte sich jedoch, dass diese Gesichtsform nicht zwingend auf
L. eurydikae
verweist. Wegen der Kleinheit des Exemplars wirken auch die Punkte auf Tergit 1 und 2 kräftiger. Das kurze Mittelfeld ist bei diesem
Paratypus
weitstehend und locker mit glatten Zwischenräumen gerunzelt, was die Zugehörigkeit zu
L. pressithorax
zeigt.
Was Ebmer solange abgehalten hat, diese Synonymie zu publizieren, ist ein Männchen mit einem Genitalbauplan nahe
L. intermedium
, das er in Zelve (zentrales Anatolien) am
18.7.1984
gefangen hatte. Trotz der geringen Abweichungen der Tergitpunktierung wurde es zuerst zu
H. stolidus
gestellt. Dieses ♂ passt jedoch gut zu einer kleine Serie
♀
aus Samos und einem nicht identifiziertem
♀
von der Westküste Kleinasiens aus dem
L. lucidulum-tarsatum
-Komplex, welches vorerst als
L. eupalinos
(Ebmer, in schedulis) etikettiert wurde. Das ist ein grundsätzlicher Hinweis, wie schwierig im Einzelfall die Klarstellung von Arten ist, solange nicht beide Geschlechter syntop gefangen werden.
Ergänzende Diagnosen zur Determinierung von
L. pressithorax
Von
L. pressithorax
wurden schon verschiedene taxonomische Merkmale publiziert und abgebildet:
In der Originalbeschreibung
EBMER 1974
: Auf Seite 157 vom
Allotypus
♂ Strichzeichnungen des Gonostylus (Abb. 138 dorsal, Abb. 139 lateral). Auf Seite 158 (Abb. 144) vom
Holotypus
♀
die Umrisszeichnung des Gesichtes, nach den damaligen Möglichkeiten der Publikation.
In
EBMER 2000
: Auf Seite 449 wurden Fotos vom Gesicht (Abb. 75), dem Propodeum (Abb. 76) und den Mesopleuren von oben (Abb. 77) des
♀
Holotypus
publiziert. Damit ist die Art innerhalb der reich bebilderten Monographie der
L. pauperatum
-Artengruppe eigentlich ganz gut kenntlich.
In dieser neuen Publikation folgen ergänzende Fotos, um die Art beim Wiederauffinden besser erkennen zu können. Die Fotos vom Gesicht (
Abb. 1
), der Punktierung der Stirn (
Abb. 2
), des Propodeums (
Abb. 3
) und der Mesopleuren (
Abb. 4
) sowie ergänzend des Mesonotums (
Abb. 5
) sind am Ende des Artikels in Bildtafeln angeführt.
Die wichtigsten taxonomischen Merkmale des
L. pressithorax
♀
sind, um Verwechslungen mit ähnlichen Arten zu vermeiden:
x
Gesicht annährend kreisrund (
Abb. 1
), mit wenig vorgezogenem Clypeus, l: b = 1,46: 1,50. Alle Teile des Gesichts im Verhältnis zur Grösse ziemlich grob eingestochen punktiert, auf der Stirn
20-28 µm
/ 0,1-0,3, die schmalen Zwischenräume glatt und glänzend (
Abb. 2
).
x
Propodeum sehr kurz, kaum länger als das Postscutellum, seitlich unten bis zur Hälfte der Höhe gekantet, oben überall abgerundet, seitlich mit kurzen Längsstummeln (in
Abb. 3
gekennzeichnet) und ohne Begrenzung zu den Seitenfeldern; diese und die hintere Propodeumfläche sehr fein, sehr dicht chagriniert, tief matt und mit einem kleinen Querkäntchen am Ende des Mittelfeldes (
Abb. 3
).
x
Mesopleuren oben mässig fein und sehr dicht punktiert
16-22 µm
/ 0,1-0,5, Zwischenräume fein chagriniert und insgesamt seidig matt erscheinend. Nach unten zu die Punkte feiner und zerstreuter, dazwischen glänzend (
Abb. 4
).
Abb. 1-5
:
Lasioglossum pressithorax
(EBMER, 1974) Burgenland, Parndorfer Heide, Grosse Neurisse ca. 2,5km W Pama, N48.02.58 E16.59.51, 140m, 5.7.2017, 1♀, leg. S. Kratschmer, det. A.W. Ebmer. 1 ̅ Gesicht, 2 ̅ Detailaufnahme der Stirnpunk- tierung, 3 ̅ Propodeum mit Hinweisen auf seitlich kurze Längsstummel und kleines Querkäntchen am Ende des Mittelfeldes, 4 ̅ Mesopleuren, 5 ̅ Mesonotumpunktierung.
x
Mesonotum ebenfalls grob eingestochen punktiert, ähnlich dem Gesicht (
Abb. 5
)
Abgrenzung zu anderen Arten
Die Arten in Mitteleuropa aus dem
L. lucidulum-tarsatum
-Komplex haben allesamt ein Propodeum, das am Ende nicht gerandet, sondern gleichmässig gerundet in den Stutz (senkrechte Propodeumfläche) übergeht. Die Skulptur des Mittelfeldes erreicht meist nicht das Ende, wenn ja, dann mitten bis zur Krümmung in den Stutz. In Mitteleuropa gehören dazu
L. tarsatum
(SCHENCK, 1868) und
L. semilucens
(ALFKEN, 1914) mit eher gedrungenem Thorax und damit ähnlicher
L. pressithorax
; mit eher schlankem Thorax
L. lucidulum
(SCHENCK, 1861),
L. minutissimum
(KIRBY, 1802) und
L. intermedium
(SCHENCK, 1868). Alle diese Arten haben generell eine feinere und dichtere Punktierung, am deutlichsten auf der Stirn, so beispielsweise
L. semilucens
bei der stirnmittig die Punkte so dicht sind (
15- 20 µm
/ 0,1), dass sie in starker Vergrösserung als polygonal verformt erscheinen.
L. marginellum
(SCHENCK, 1853)
♀
als namensgebende Vertreterin dieser Artengruppe ist grundsätzlich gröber punktiert als
L. pressithorax
. Bei
L. marginellum
ist die Stirn grob (
25-30 µm
), polygonal dicht punktiert, die ganz schmalen Zwischenräume aber glatt und glänzend; die Mesopleuren sehr grob punktiert (+
30 µm
) und das Mittelfeld am Ende scharf gerandet oder gekantet.
Bei Aufsammlungen aus dem Verbreitungsgebiet von
L. pressithorax
könnte am ehesten mit der dort häufigen und vielgestaltigen
L. transitorium
(SCHENCK, 1868) eine Verwechslung passieren. Am Balkan und vor allem in
Griechenland
insofern nicht, weil die dort vorkommende Stammform von
L. transitorium
immer durch das leicht längliche Gesicht kenntlich ist (siehe Foto in
EBMER 2000: 450
, Abbildung 78). In der östlichen Ägäis, Kleinasien und bis
Israel
, ist bei der dort östlichen Subspezies
L. transitorium
uncinum
(VACHAL, 1905), zwar auch noch das leicht längliche Gesicht zu erkennen (Foto in
EBMER 2000: 450
, Abbildung 81), alle Unterarten haben aber eine feiner punktierte Stirn (
18-20 µm
/ 0,1-0,3) mit glänzenden Zwischenräumen, als
L. pressithorax
. Bei
L. transitorium
ist natürlich das Ende des Mittelfelds immer fein quer gerandet (
Abb. 3
sowie Fotos in
EBMER 2000: 450
, Abbildungen 79 und 82).
Funddaten von
L. pressithorax
Um die mögliche Einschleppung nach
Österreich
bewerten zu können, gibt hier Ebmer eine Aufstellung der genauen Funddaten ihm jemals vorgelegener Exemplare, geographisch von West nach Ost geordnet, die Typenserien zu Beginn:
Typen
von
L. pressithorax
:
G r i e c h e n l a n d: Igoumenitsa,
6.4.1963
,
1♀
, leg. W. Grünwaldt,
Paratypus
. Kalavryta,
18.6.1964
, 1♂, leg. W. Grünwaldt,
Paratypus
.
T ü r k e i:
Antakya
,
5.6.1965
,
1♀
, leg.
Max Schwarz
,
Holotypus
,
1♂
Paratypus
; detto
3.6.1965
,
2♀♀
,
5♂
, alle leg.
Max Schwarz
,
Paratypen
; detto, 1.-
7.6.1965
,
2♀♀
,
1♂
,
24.5.1967
,
1♂
, leg.
J. Gusenleitner
,
Paratypen
.
Ürgüp
,
Göreme
,
12.6.1970
,
1♂
, leg. J
Gusenleitner
,
Paratypus
.
Mut
,
Sertavul
,
1300m
,
20.5.1970
,
1♀
, leg.
J. Gusenleitner
,
Paratypus
.
Paratypen
in
Sammlung Schwarz
,
Gusenleitner
(jetzt
Biologiezentrum Linz
) und
Ebmer
.
Typen
von
L. biarmicum
:
T ü r k e i: Bafra,
12.8.1972
,
1♀
,
Holotypus
.
Paratypen
:
Ardahan
/
Kars
,
2.9.1973
,
1♀
.
S e r b i e n: Niš,
14.5.1964
, alle leg. und coll. Warncke, Biologiezentrum Linz.
Typen
von
L. stolidum
:
T ü r k e i: Akseki/Taurus,
25.4.1973
,
1300m
,
♀
, leg. Warncke,
Holotypus
.
Paratypus
:
Israel
, Ramleh, ohne Datum und Sammler, beide coll. Warncke, Biologiezentrum Linz.
Später aufgesammelte Exemplare oder keine
Typen
̅ wenn nichts zusätzlich vermerkt, in
der jeweiligen Sammlung des Sammlers:
R u m ä n i e n: Calugareni (30kmS Bukarest),
8.5.1985
,
1♀
, leg. Banaszak.
B u l g a r i e n: Slnčev Brjag,
19.7.1968
, 1♂, leg. Kočourek, coll. Ebmer;
16.7.1968
, 1♂,
17.7.1968
, 1♂, leg. Kočourek. 15kmN Pleven, Krušovica,
4.6.1990
,
1♀
, leg. Dockova, coll. Banaszak.
M o n t e n e g r o:
Priština,Urosevac
,
18.7.1983
,
1♀
, leg. P.v.Ooijen, Museum Leiden.
G r i e c h e n l a n d: Chalkidiki, Ormylia, Metamorphosi, Felsenküste,
4m
,
N40.22
E23.64
,
12.10.2011
,
1♀
2♂♂, leg. L. Krogmann, 1♂ coll. Schwenninger,
1♀
1♂ coll. Ebmer.
Samos, Dünen W Psili Ammos, N37.42.19 E22.00.41,
0-5m
,
6.6.1995
, 1♂, leg. Ebmer.
T ü r k e i:
Ankara
,
1.5.1980
,
1♀
, ohne Sammler, coll. Senckenberg Museum Frankfurt. 40kmNW Kumluca, Bey Daglari,
1800m
,
7.6.1996
,
2♀♀
, leg. M. Kuhlmann,
1♀
coll. Kuhlmann,
1♀
coll. Ebmer. Taurus, Irmasan-Pass N Akseki,
1550m
,
6.7.1990
,
2♀♀
, leg. Ebmer. E Göksun, Salyan - Achmetçik,
1700-1800m
,
10.7.1990
,
1♀
, leg. Ebmer.
Karaman
, Basyayla-Ermenck,
1560m
,
N36.40
E32.38
,
22.5.2007
,
1♀
, leg. E. Scheuchl.
Agri
, 20kmN Patnos,
1650m
,
29.5.1980
,
1♀
, leg. Schwarz, coll. Ebmer;
detto
1♀
leg.
Warncke.
20km
N
Agri
,
1800m
,
28.5.1980
,
1♀
, leg.
Schwarz.
Kars
, 20kmW Sarikamis,
5.7.1985
,
1♀
, leg.
Zwakhals
, coll. v.d.Zanden.
Hakkari
, 15kmS Yüksekova,
1700m
,
28.6.1985
,
1♀
, leg.
C.J.Zwakhals
, coll.
Ebmer.
Hakkari
,
20km
S
Beytüşşebap
,
1200m
,
26.6.1985
,
1♀
, leg.
C.J.Zwakhals
, coll.
Ebmer.
Siirt
,
1500m
,
20km
NW
Şirnak
,
5.6.1980
,
1♀
, leg.
Warncke.
Siirt
, östlich
Şirnak
,
4.6.1977
,
3♀♀
, leg.
Warncke.
Hakkari
, 10kmW Uludere,
1000m
,
4.6.1980
, leg.
Schwarz. Zor Dagi
,
Umgebung Sulucan
,
25.6.1993
,
3♀♀
, leg.
Mi.Halada
,
2♀♀
coll.
Schwarz
,
1♀
coll.
Ebmer.
K a u k a s u s:Csubuchli,
2♀♀
, Museum Budapest.
A z e r b e i d ž a n: Qax, Georgitsminda,
N41.24
E48.55
,
500-550m
,
4.6.2006
,
1♀
, leg. J. Neumayer.
I s r a e l:
9km
E Tiberias, En Gev,
N32.47
E35.39
,
17.5.1996
, leg. Hauser.
U z b e k i s t a n: Aman Kutan bei Samarkand,
30.6.1980
,
1♀
, leg. Kočourek. Taškent, Čirčik,
4.7.1981
,
1♀
, leg. Kocourek, coll. Schwarz.
Fundplatz in
Ŏsterreich
B u r g e n l a n d: Parndorfer Heide, Grosse Neurisse ca. 2,5kmW Pama, N48.02.58 E16.59.51,
140m
,
5.7.2017
,
1♀
, leg. S. Kratschmer, coll. BOKU INF.
Das Weibchen wurde in einem biologisch bewirtschafteten (mündliche Mitteilung der Bewirtschafterin) Erdapfelacker gefangen (
Abb. 6
). Zum Fundzeitpunkt blühten auf dieser Fläche gerade die Erdäpfel (
Solanum tuberosum
) sowie im Unterwuchs Ackerwinden (
Convolvulus arvensis
) und Gelbe Reseden (
Reseda lutea
). Die Landschaft der Umgebung ist durch Agrarflächen geprägt (
Abb. 7
) und gleichzeitig befindet sich dort auch der Windpark ̎Pama Süd̎. Die Autobahn A6 (Verbindung nach Bratislava) befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Fundort (etwa
180 m
südlich) und verläuft an dieser Stelle nicht auf Bodenniveau, sondern als Brücke oberhalb der Verbindungsstrassen zwischen den Agrarflächen. Die Flächen unterhalb der Autobahn zeichnen sich durch ruderale Vegetation aus. Am
5.7.2018
wurden diese Flächen sowie die Ackerfläche des Fundortes
Abb. 6
: Blick am Fundpunkt im Kartoffelacker von
Lasioglossum pressithorax
im Burgenland (Parndorfer Heide, Grosse Neurisse ca. 2,5kmW Pama, N48.02.58 E16.59.51, 140m, 5.7.2017) in Richtung Süden zur Autobahn A6 mit angrenzenden Ruderalflächen.
2017 noch einmal auf weitere Vorkommen von
L. pressithorax
untersucht ̅ leider ohne Erfolg. Pflanzen wie Sichelmöhre (
Falcaria vulgaris
), Wilde Möhre (
Daucus carota
), Schafgarbe (
Achillea millefolium
), Rispen-Flockenblume (
Centaurea stoebe
), Weg-Distel (
Carduus acanthoides
), Gelbe Resede (
Reseda lutea
) sowie Gewöhnlicher Natternkopf (
Echium vulgare
) wurden auf diesen Ruderalflächen blühend vorgefunden.
Das Gebiet ist auch Habitat für andere seltene Wildbienen. So konnte 2017 im selben Kartoffelacker ein Individuum der als verschollen gegoltenen
Halictus tectus
nachgewiesen werden (
Burgenland
, Parndorfer Heide, Grosse Neurisse ca.
2,5km
W Pama, N48.02.49 E17.00.15,
140m
,
5.7.2017
,
1♀
, leg. S. Kratschmer, det. Ebmer). Bei der Aufsammlung 2018 wurde
Halictus asperulus
zum zweiten Mal für
Österreich
nachgewiesen (
Burgenland
, Parndorfer Heide, Grosse Neurisse ca.2,5kmW Pama,
N48.03
.01 E16.59.46,
140m
,
5.7.2018
,
1♀
, leg. S. Kratschmer, det. Ebmer).
Abb. 7
: Luftbild mit eingezeichnetem Fundpunkt von A:
Lasioglossum pressithorax
im Burgenland (Parndorfer Heide, Grosse Neurisse ca. 2,5km W Pama, N48.02.58 E16.59.51, 140m, 5.7.2017); B:
Halictus asperulus
(Burgenland, Parndorfer Heide, Grosse Neurisse ca. 2,5km W Pama, N48.03.01 E16.59.46, 140m, 5.7.2018, 1♀, leg. S. Kratschmer, det. Ebmer); C:
Halictus tectus
(Burgenland, Parndorfer Heide, Grosse Neurisse ca. 2,5km W Pama, N48.02.49 E17.00.15, 140m, 5.7.2017, 1♀, leg. S. Kratschmer, det. Ebmer).
Überlegungen zur Einschleppung und Schwierigkeit der Determination solcher Arten
Dieses
♀
aus dem
Burgenland
mit Sammeldatum Anfang Juli hat vollständige Flügelrän- der und noch keine Spuren von Pollen in der Behaarung, ist also relativ frisch geschlüpft. Dies wird als Hinweis gesehen, dass im Fundbereich schon eine winzige Population vorhanden sein dürfte. Wenn dieses
♀
selbst eingeschleppt worden wäre, so wären Anfang Juli schon Spuren von Pollen in der Behaarung und Beschädigungen an den Flügelrändern zu sehen, denn im natürlichen Verbreitungsgebiet dieser Art beginnt deren Aktivität schon im Mai und Juni.
In verschiedenen Böden (Sand, Löss, trockene Erde...) nistende Bienen wie die
Halictidae
können als befruchtete Weibchen mit dem Erdreich verschleppt werden. Das ist möglich durch getopfte Pflanzen, aber auch als Ballastmaterial zur Zeit der Segelschiffe, wie es von
Lasioglossum leucozonium
und
L. zonulum
zur Einschleppung nach Nordamerika vermutet wurde (W.Grünwaldt, mündliche Mitteilung an Ebmer). Eine Einschleppung innerhalb derselben Faunenregion wie in unserem Fall von
L. pressithorax
geschieht gegenwärtig und zunehmend am wahrscheinlichsten als befruchtetes Weibchen, das innerhalb der Planen von Lastautos ̎mitreist̎.
Als nach Europa aus der Nearktis eingeschleppte
Halictidae
ist bisher nur
Lasioglossum divergens
(LOVELL, 1905, in
EBMER 2011: 42-43
, 83) bekannt. Die winzige
Halictidae
wurde von Ebmer undeterminiert in der Sammlung Warncke gefunden, mit Fundort Palavas südlich Montpellier in Südfrankreich. Die Determination war nur möglich, weil Ebmer vor allem in den 70er Jahren mit Kollegen aus
Kanada
und den Vereinigten Staaten umfangreichen Tausch durchführte und die
Halictidae
nach der damaligen Literatur studierte, insbesondere mit dem Bestimmungswerk von
MITCHELL (1960)
. Natürlich muss man sich als Apidologe in Europa auch auf die Literatur und die Determinationen, in diesem Fall
L. divergens
, aus der Nearktis verlassen können, um nicht auch noch Typenstudien durchführen zu müssen. Auch das vorher unbekannte ♂ wurde von KNERER & ATWOOD (1964) unter
L. divergens
beschrieben. Jüngst wurde von
GIBBS et al. (2013)
durch Typenuntersuchung festgestellt, dass statt
L. divergens
als älterer Name
L. macoupinense
(ROBERTSON, 1895) einzutreten hat.
Durch die Globalisierung und der damit verbundenen Ausweitung des Handels sowie als Folge der Klimaerwärmung werden zunehmend weitere Arten kommen, doch die in der Entomologie arbeitenden Spezialistinnen und Spezialisten, die diese ̎Einwanderer̎ erkennen können, sind in den letzten Jahrzehnten weniger geworden. Oftmals leisteten und leisten Amateure den überwiegenden Beitrag zur Taxonomie und damit zur Bestimmung der Insekten. Kurze Zeit erschien es, als ob DNA-Methoden alle Artenkenner und Taxonomen ersetzen könnten. In der Zwischenzeit hat sich jedoch in verschiedenen Bereichen gezeigt, dass manche Fragestellungen wie etwa die Abgrenzung von Arten durch molekulare Methoden alleine fehleranfällig sind. Eine integrative Taxonomie, bei der traditionelle Morphologie und moderne molekulare Methoden miteinander verschränkt werden, stellt die bei weitem bessere Lösung dar (SCHLICK-
STEINER et al. 2010
). Taxonominnen und Taxonomen sind daher auch weiterhin von Nöten. An österreichischen Universitäten sind Stellen, die sich explizit mit Taxonomie oder Systematik beschäftigen, kaum zu finden, ein wenig mehr noch in den naturwissenschaftlichen Museen. Die Förderung von Artkennerinnen und Artkennern sowie Spezialistinnen und Spezialisten, die nach einem morphologischen Ansatz arbeiten, muss daher gefordert werden. Dies umfasst sowohl eine wieder stärkere Verankerung der Taxonomie und Artkenntnis in der Ausbildung sowohl in der Schule als auch an der Universität, als auch die Schaffung von Stellen.