Beiträge zur Flora von Österreich, III
Author
Stöhr, O.
Author
Pilsl, P.
Author
Essl, F.
Author
Wittmann, H.
Author
Hohla, M.
text
Linzer biologische Beiträge
2009
2009-12-18
41
2
1677
1755
journal article
10.5281/zenodo.5279728
0253-116X
5279728
Polypodium interjectum
SHIVAS
Salzburg
: Flachgau, Nussdorf am Haunsberg, W-Abfall des Haunsberges, St. Pankraz in Schlössl, thermophiler Mischwald, auf Eozänfelsen, ca.
500 m
, 8043/4, 20.03.200 8 & 26.10.200 8, leg./det. OS, Herbarium OS/LI.
Neu für
Salzburg
. Angeregt durch mündliche Hinweise von A. ESCHELMÜLLER (Sulzberg), G. NOWOTNY (Grödig) und P. STURM (Laufen), die von grenznahen Vorkommen dieses bestimmungskritischen und offenbar oft verkannten Tüpfelfarnes berichteten, wurden vom Erstautor in der letzten Zeit einige potenzielle Wuchsorte im Bundesland
Salzburg
aufgesucht. Vor allem auf den Inselbergen im Salzburger Becken zwischen Golling und Bergheim wurden entsprechende Vorkommen vermutet, jedoch konnten trotz gezielter Suche keine positiven Erfolge verbucht werden. Überraschenderweise wurde jedoch bei einem zufälligen Besuch des Eozän-(Helveticum)- Gebietes rund um die bekannte Fossilienfundstelle in St. Pankraz (Ortsteil Schlössl, Gem. Nussdorf am Haunsberg) grosse Bestände eines Tüpfelfarnes angetroffen, der sich nach eingehenden Untersuchungen tatsächlich als
Polypodium interjectum
erwies. Obwohl diese
Polypodium
-Vorkommen schon längere Zeit erfahrenen Regional- botanikern bekannt waren, so wurden jedoch bislang keine Belege angefertigt bzw. eine kritische Artüberpüfung durchgeführt, weshalb diese Pflanzen bis dato als
Polypodium vulgare
interpretiert wurden.
Die Bestände sind wie bereits erwähnt sehr ausgedehnt, truppweise ausgebildet (Abb. 11) und wachsen im Mischwaldbereich über flachgründigem Substrat fast direkt auf den steilen, beschatteten Eozänfelsen; die besiedelten Expositionen reichen dabei von Süd über West bis Nord. Was den Karbonatgehalt im Substrat angeht, so dürften – dem bekannt kleinsträumigen Wechsel von Karbonat und Silikat im Eozängestein entsprechend – sowohl nahezu karbonatfreie Quarzsandsteine, aber auch nummulitenreiche Schichten von
Polypodium interjectum
besiedelt werden. Die relativ arme Begleitflora lässt hierzu keine eindeutige Diagnose zu, auch wenn etwa
Polystichum aculeatum
,
Asplenium trichomanes
subsp.
quadrivalens
und v.a.
Asplenium ruta-muraria
eher basische Substratbedingungen anzeigen. In der Literatur werden die Substratansprüche von
Polypodium interjectum
kontrovers angeführt: Während
FISCHER et al. (2008)
eine deutliche Präferenz
für Kalk und Dolomit
anführen, schreiben
DOSTÁL & REICHSTEIN (1984)
, dass die Art "oft auf Schiefern oder Urgestein, aber meistens nicht auf Kalk" vorkommt. JÄGER et al. (2005) geben an, was auch für die Vorkommen in St. Pankraz am besten zutrifft, nämlich dass die Art sowohl Kalk- als auch Silikatgesteine besiedeln kann.
Entsprechend dieser geringen Substratansprüche ist
Polypodium interjectum
in Europa weit verbreitet und wird als west-(zentral-)submediterran-atlantisches Element betrachtet. Das bekannte Areal reicht von
England
und
Irland
über
Belgien
,
Holland
bis Süd-
Norwegen
und von
Portugal
bis
Rumänien
, südlich bis
Korsika
und Silzilien; die östlichsten Fundpunkte liegen im westlichen
Russland
, der Krim-Halbinsel, in der West-
Türkei
sowie im Nord-Iran (
DOSTÁL & REICHSTEIN 1984
,
BUREŠ et al. 2003
). In
Österreich
tritt die Art in allen Bundesländern ausser in
Oberösterreich
und in
Tirol
auf (
FISCHER et al. 2008
), jedoch ist auch dort durchaus noch mit Nachweisen zu rechnen. Für
Tirol
werden bei
DOSTÁL & REICHSTEIN (1984)
zwei Fundorte (Amraser Schlosspark, Sellrainer Schlucht) angeführt, die aber bei
POLATSCHEK (1997)
fehlen. Das nächste, noch unpublizierte Vorkommen zum neuen Salzburger Fundort liegt in Bayern und zwar im Berchtesgadener Land im Schwarzbachtal am Westabfall des Lattengebirges (P. STURM & G. NOWOTNY, mündl. Mitt.) – in Luftlinie nur etwa
35 km
entfernt. Die zuweilen relative Isoliertheit vieler Farnpopulationen erklärt sich durch die Möglichkeit der Fernausbreitung der leichten, oft zahlreich produzierten Farnsporen; auf regionaler Ebene wurde dieses Phänomen etwa jüngst bei
Dryopteris remota
(
STÖHR et al. 2007
)
erwähnt, kann aber auch auf die oft isolierten Vorkommen von
Asplenium trichomanes
subsp.
pachyrachis
(s.o.) angewendet werden.
Da es sich bei
Polypodium interjectum
wie eingangs erwähnt um eine bestimmungsproblematische Art handelt, die
Polypodium vulgare
, aber auch
Polypodium cambricum
morphologisch nahe steht, werden in der Fachliteratur immer wieder die diagnostischen Merkmale kritisch beleuchtet. Entsprechende Studien hierzu liegen etwa von
LENSKI (1964)
,
JESSEN (1982)
,
LEONHARDS et al. (1993)
,
JÄGER et al. (1994)
,
NEUROTH (1996)
und
ZENNER (1972
&
1999
) vor; umfassende Literaturangaben hierzu finden sich auch in der Arbeit von
BUREŠ et al. (2003)
. Ohne aufwendige zytologische Untersuchungen durchführen zu müssen, die absolute Bestimmungssicherheit gewährleisten (
Polypodium interjectum
ist hexaploid mit 2n = 222,
Polypodium vulgare
tetraploid mit 2n = 148 und
Polypodium cambricum
diploid mit 2n = 74), lässt sich zur Bestimmung auch ein Bündel phänetischer Merkmale heranziehen, wobei die Determination aufgrund nur eines einzigen Merkmales von uns und auch anderer Autoren (z.B.
JÄGER et al. 1994
) als kritisch angesehen wird. Nachfolgende Merkmale sprechen beim vorliegenden Material aus
Salzburg
klar für
Polypodium interjectum
: Wedel
relativ gross, bis
60 cm
samt Stiel; Fiedern spitz zulaufend und gezähnelt, Endfieder tw. verlängert; Knorpelverbindungen zwischen Rhachis und Fiederbuchten fehlend (Hauptmerkmal nach
FISCHER et al. 2008
); Rhizomschuppen am Grund sehr breit und
5–6 mm
lang (zudem mit langer Spitze); Nervenbündel im Blattstiel erst oberhalb der Blattstielmitte sich vereinigend (Merkmal nach
DOSTÁL & REICHSTEIN 1984
); Anuluszellen der Sporangien 6–10, verdickt und ± blassbraun; Basalzellen der Sporangien 2–3; Sporen goldgelb und intakt. Allein die Gabelung der Nerven (meist zweimal, nur selten dreimal) trifft nicht ausreichend auf
Polypodium interjectum
zu, jedoch wird dieses noch bei
FISCHER et al. (2008)
aufscheinenden Merkmal in den jüngeren der oben genannten Arbeiten sowie in der aktuellen Auflage des "Rothmaler" (JÄGER et al. 2005) gar nicht mehr angeführt, weshalb es keinen Wert haben dürfte.