Beobachtungen zur Psychidenfauna Italiens mit der Neubeschreibung einer Dahlica ENDERLEIN, 1912 (Lepidoptera: Psychidae)
Author
Weidlich, Michael
text
Linzer biologische Beiträge
2015
2015-12-30
47
2
1909
1934
journal article
10.5281/zenodo.5286493
0253-116X
5286493
Dahlica basilicatae
nov. sp.
D e r i v a t i o n o m i n i s: Die neue Art wird nach der italienischen
Region Basilikata
benannt, wo sie, wahrscheinlich endemisch, auf dem Monte Sirino vorkommt. M a t e r i a l:
Holotypus
:,
02.05.2015
, Europa meridionalis,
Italia
,
Basilikata
, Umg. Lauria – Mt.
Sirino, Umg. Lago de Laudemio,
1.350 m
NN, leg. Dr. M. Weidlich (
Abb. 2
). Er befindet sich in
coll. Museum für Naturkunde des Leibniz Institutes
Berlin
.
Paratypen
(die gezüchteten Imagines jeweils mit Sack und Puppenhülle):
Männchen: 3 e.p.
08.05.1996
, 1 e.p.
10.05.1996
,
1.500 m
NN, 3
13.05.2003
,
1.350 m
NN, 1 e.p.
17.05.2003
,
1.600 m
NN: Europa meridionalis,
Italia
,
Basilikata
, Umg. Lauria – Mt. Sirino, Umg. Lago de Laudemio, leg. Dr. M. Weidlich.
Weibchen: 1 e.p.
08.05.1996
, 1 e.p.
11.05.1996
,
1.500 m
NN: Europa meridionalis,
Italia
,
Basilikata
, Umg. Lauria – Mt. Sirino, Umg. Lago de Laudemio, leg. Dr. M. Weidlich.
Säcke: 5 Säcke
29.04.1996
,
1.500 m
NN, 1 Sack
13.05.2003
,
1.600 m
NN, 3 Säcke
13.05.2003
,
1.650
– 1.750
m
NN, 6 Säcke
01.05.2015
,
1.400 m
NN: Europa meridionalis,
Italia
,
Basilikata
, Umg. Lauria – Mt. Sirino, Umg. Lago de Laudemio, leg. Dr. M. Weidlich.
D i a g n o s e Männchen: kleine Falter mit einer Flügelspanne von 12 bis 12,7 mm, Augen schwarz, rund, ohne Ocellen. Augenabstand deutlich grösser als der Augendurchmesser. Der Quotient aus ventralem Augenabstand zum maximalen Augendurchmesser beträgt 1,7 (n=5). Stirnschopfbehaarung sehr lang weisslichgrau. Labialpalpen rudimentär. Fühler relativ kurz, erreichen nicht die Hälfte des Vorderflügelcostalrandes. Sie sind beschuppt, die Bewimperung ist einseitig ventral angeordnet und deren Länge die der Fühlergliedlänge nicht ganz erreicht. Fühlergliederzahl mit Scapus und Pedicellus 27 bis 28. Körper spärlich mit grauen Haaren besetzt, 8. und letztes Körpersegment gelblich behaart.
Vorderflügelfärbung grau mit leichtem silbrigen Schimmer und undeutlicher, feiner unregelmässiger Punktierung. Auf den Flügeln Diskoidalfleck erkennbar, dicht beschuppt mit breiten, meist vierzackigen und mehrzackigen Schuppen, weniger kommen dreizackige Deckschuppen vor (Schuppenklasse V und VI nach
SAUTER 1956
). Besonders charakteristisch sind die breiten Deckschuppen. Gewöhnlich sind die breiten Deckschuppen der Klasse VI apical gewölbt (vergl.
SAUTER 1956: 498
, Abb. 15). Bei der neuen Art sind sie häufig auffallend gerade und sehr ähnlich denen der kürzlich aus der
Slowakei
beschriebenen
Dahlica
latisquama
WEIDLICH, 2015
(vergl. dazu
Abb. 3
bei
WEIDLICH 2015: 154
). Die Fransenschuppen sind unterschiedlich, von lancettlicher Form, meist dreizackig, aber auch vierzackig. Vorderflügeladerung ohne Entschuppung nicht erkennbar, mit Anhangszelle und mit 9 Diskoidalzelladern.
Hinterflügelfärbung hellgrau, die Fransen heller, Aderung gut sichtbar. Hinterflügeladerung ohne Eingeschobene Zelle und mit 6 Diskoidalzelladern, wobei m2 und m3 meistens gestiehlt, aber auch aus einem Punkt der Diskoidalzelle entspringen.
Vordertibien ohne Epiphyse, Mitteltibien mit einem Spornpaar, Hintertibien mit zwei Spornpaaren. Alle Beine mit 5 Tarsengliedern.
Genitalapparat
Dahlicini
- typisch, Vinculum distal abgeflacht, Tegumen-Dach schmal sich verjüngend, mit einer Einbuchtung versehen, Valven sehr gestreckt, schmal, Clavus lang, schmal und spitz ausgezogen. Saccus nicht vorhanden, Aedaeagus kurz mit Stützstab, Genitalindex 1,06-1,10 (n = 3). Der Valvenindex liegt zwischen 3,85 und 4,29 (n = 4).
Weibchen: Flügellos, Gesamtfärbung hell- bis mittelbraun, um 3,5mm lang und um
1mm
im Durchmesser. Körper mit weisser, schütterer Behaarung, 7. Abdominalsegment ventral grauweiss und dicht behaart. Augen klein schwarz, keine Ocellen, der Abstand der Augen beträgt etwa das Dreifache vom Augendurchmesser, Fühler lang mit 15-16 Fühlergliedern (mit Scapus und Pedicellus). Im mittleren Körperbereich, meist vom 3. bis 6. Körpersegment, finden sich ventral stärker sklerotisierte Bereiche, sogenannte Bauchplatten. Diese sind paarig angeordnet, berühren sich bei
D
.
basilicatae
nov.sp.
nicht und sind von schmaler fast rechteckiger Form. Ein Spornpaar an den Mittel- und Hintertibien erkennbar, 4 Tarsenglieder vorhanden. Bei der Kopf-Brustplatte der Puppe sind die Fühlerscheiden länger als die der Beinscheiden.
Sack: zwischen 5,5 bis
6 mm
lang und um 1,5 mm im Durchmesser, dreikantig, wobei die Dorsalkante kaum sichtbar ausgebildet ist. Die Säcke bestehen aus feinen hellgrauen, grauen und schwarzen Gesteinspartikeln. Die Gesamtfärbung ist hell- bis dunkelgrau.
Das Typenmaterial umfasst 9, 2, jeweils mit Sack und Puppenhülle sowie 15 weitere Säcke. Es befindet sich im Naturkundemuseum
Berlin
, coll. W. Arnscheid und des Verfassers.
D i f f e r e n t i a l d i a g n o s e:DieMerkmaleklassifizieren
D
.
basilicatae
nov.sp.
als eine Art der Gattung
Dahlica
ENDERLEIN, 1912
. Die Männchen zählen zu den kleineren Arten.
Durch Ihre divergierende Grösse und andere Schuppenklasse (I-II) kann die neue Art von
Dahlica exulans
HERRMANN, 2000
(Flügelspanne
14-16mm
) deutlich unterschieden werden. Aufgrund anderer Schuppenklassen sind weitere in
Italien
vorkommende Arten different:
D. lichenella
(LINNAEUS, 1761)
bisex. (Klasse II-III),
D. generosensis
(SAUTER, 1954) (Klasse II-III),
D. leoi
(
DIERL, 1970
) (Klasse II-III)
und
D. klimeschi
(
SIEDER, 1953
) (Klasse II-III)
.
Etwa vergleichbare, meist aber schmalere Schuppen weisen
D. argenterae
(WEHRLI, 1924)
(Klasse IV-V),
D. caspari
HERRMANN, 1984
(Klasse III-VI),
D. marmorella
HERRMANN, 1988
(Klasse III-VI) und
D. casentinensis
BERTACCINI, 2012
(Klasse III-V) auf. Bei näherem Vergleich mit diesen Arten lassen sich aber Unterschiede in der Färbung und Gitterung zu
D. marmorella
(heller und weisslich, deutliche und markante Gitterung, Genitalindex: 0,96-1,10),
D. caspari
(Genitalindex 1,20-1,41) und
D. casentinensis
(Genitalindex: 1,13-1,27) herausarbeiten.
D
.
basilicatae
nov.sp.
steht in der Summe der charakteristischen Merkmale der slowakischen
D. latisquama
(Genitalindex: 1,17-1,19) am nächsten.
Zu erwähnen ist noch, dass weitere in
Italien
vorkommende Dahlicini-Arten mit vergleichbarer Grösse bekannt sind:
Postsolenobia thomanni
(REBEL, 1936)
,
P. juliella
, (REBEL, 1919)
,
Brevantennia triglavensis
(REBEL, 1919)
und
B. siederi
(SAUTER, 1954)
.
Auch bei den Weibchen konnten Unterschiede gefunden werden. So haben die von
D. marmorella
weniger Fühlerglieder (11-14 Segmente) und bei der Puppenhülle ist die Länge der Antennenscheiden im Verhältnis zur Länge der Beinscheiden etwa gleich. Etwas kürzere bzw. gleichlange Antennenscheiden zu Beinscheiden treten bei
D. caspari
und
D. casentinensis
auf.
D. basilicatae
nov.sp.
weist dagegen charakteristisch längere Antennenscheiden auf.
B i o l o g i e u n d Ö k o l o g i e
D. basilicatae
nov.sp.
ist univoltin und die erwachsenen Larven (letztes Stadium) sowie die ersten Puppen wurden Ende April bis Anfang Mai gesammelt. 3 wurden im Freiland am
13.05.2003
zwischen 06.00 und 6.12 Uhr sowie am
02.05.2015
um 06.23 Uhr (MESZ) während des Flugs gefangen. Bei der Zucht schlüpften die Imagines zwischen dem 08. und 17.05. Die Raupen leben hauptsächlich in den höheren montanen Buchenwäldern und die Säcke wurden dort an Stämmen angesponnen aufgespürt. In den Lagen oberhalb der Buchenzone leben die Raupen versteckt und konnten unter Steinen in den Geröllfeldern des Monte Sirino (
Abb. 3
) gefunden werden. Sie ernähren sich von Flechten und Algen.
Dahlica basilicatae
nov.sp.
kommt in Höhenlagen zwischen 1.350 und
1.750 m
NN vor.