Schwedische Arten der Gattung Suctobelba Paoli (Acari, Oribatei).
Author
Forsslund, K. - H.
text
Zoologiska Bidrag, Uppsala
1941
20
381
396
http://unknown
journal article
ORI10037
Schwedische
Arten der Gattung
Suctobelba
Paoli (
Acari
,
Orbatei
).
Von
KARL-HERMAN FORSSLUND
(
Experimentalfaeltet
).
Mit 11 Figuren im Text.
Bei den Untersuchungen des Waldboden-Tierlebens, die ich im Auftrage der Forstlichen Versuchsanstalt Schwedens
waehrend
der letzten Jahre in ihren Versuchsparken
Kulbaecksliden
und Svartberget im Kirchspiel Degerfors der Provinz
Vaesterbotten
in Nordschweden angestellt habe, fand ich in
saemtlichen
Bodenproben in wechselnder Anzahl Exemplare der Gattung
Suctobelba
. Eine
Pruefung
dieser Exemplare ergab, dass sie einer unerwartet grossen Anzahl von Arten
angehoeren
. Von Schweden war
frueher
nur eine Art gemeldet, und von ganz Europa waren nur 5 bekannt, von denen zwei erst
kuerzlich
beschrieben wurden.
Das Vorkommen von mindestens 10 Arten auf einem so begrenzten Gebiete wie den
erwaehnten
beiden Versuchsparken darf wohl zur Annahme berechtigen, dass die Artenanzahl auch in anderen Gebieten
betraechtlich
groesser
ist, als bisher bekannt ist. Wahrscheinlich sind viele Arten
uebersehen
oder miteinander verwechselt; beim Studium der
diesbezueglichen
Literatur
erhaelt
man diesen bestimmten Eindruck. Dies ist nicht besonders
ueberraschend
, wenn man bedenkt, dass die Suctobelba-Arten bei einer allgemeinen
Laenge
von 200 bis 300
[[my]]
zu den kleinsten Oribatiden
gehoeren
, weshalb sie eine
minutioese
Untersuchung bei starker
Vergroesserung
erfordern, will man bei der Bestimmung sicher gehen. Nach meiner Erfahrung muss die Bestimmung, um ganz sicher zu sein, bei mindestens 500facher
Vergroesserung
vorgenommen werden, nachdem das Tier zuvor durch eine Vorbehandlung z. B. mit einer Mischung von Chloralhydrat und Phenol durchsichtig gemacht wurde. Dank der charakteristischen Gestaltung der Skulptur auf der Oberseite des Propodosomas lassen sich die Suctobelba-Arten leicht zur Gattung bestimmen.
Da
aber die Einzelheiten dieser Skulptur zum Teil
frueher
verkannt waren, sollen hier die wichtigsten
Zuege
eroertert
werden.
Als Lamellen wurden die langgestreckten, nach aussen konvexen und
unregelmaessig
gezaehnten
Chitinverdickungen bezeichnet, die ein
Stueck
vor den Pseudostigmen beginnen und etwas innerhalb der Seiten des Propodosomas verlaufen. Die Lage der Lamellar- und der Interlamellarhaare spricht indessen
dafuer
, dass diese Verdickungen keine Lamellen vorstellen, sondern den Tectopedia I entsprechen (Oudemans 1917, Willmann 1933). Diese Haare, die
frueher
uebersehen
wurden, beobachtete zuerst
Traegardh
(1910), der die Lamellarhaare entdeckte, und Oudemans (1917), der auch die Interlamellarhaare nachwies.
Spaeter
hat ihre Existenz Willmann (1933) verzeichnet (er weist auch auf die Exopseudostigmalhaare hin), aber der Verlauf der Lamellen wurde indessen nicht klar dargelegt. So vermutet Oudemans, dass die Lamellen von den
Raendern
der erhabenen Mittelpartie des Propodosomas vor den Lamellarhaaren gebildet sind, welche letztere somit weit hinter ihren gewoehnlichen Platz an der Lamellenspitze versetzt worden
waeren
. Willmann hingegen bezeichnet ganz richtig die mittlere Chitinverdickung vor den Pseudostigmen ("lamellar knob" nach Jacot) als die zusammengeschmolzenen Spitzen der Lamellen, geht aber fehl, wenn er die interpseudostigmalen
Chitinkaemme
("apophyses tuberculatae inter pseudostigmata " nach Paoli, "interpseudostigmatal ridges" oder
"crests"
nach Jacot) als proximale Teile der Lamellen betrachtet, in welchem Falle doch die Interlamellarhaare ausserhalb der Lamellen zu sitzen
kaemen
. In der Tat gehen die Lamellen wie
gewoehnlich
von der Vorderseite der Pseudostigmen aus, laufen von dort gegen die Mittellinie des Propodosomas zu, biegen dort quer nach vorn ab und schmelzen mit den Spitzenpartien zu einer
fuer
die Gattung charakteristischen, erhabenen Chitinknospe zusammen, deren
Raender
mit individuell variierenden Lappen versehen sind. Diese Lamellarknospe kann mit einer Einsenkung in der Mitte abgerundet sein oder auch aus zwei, nur an der Spitze zusammengeschmolzenen, hinten divergierenden Schenkeln bestehen; bei einzelnen Exemplaren kann sie sich sogar aus zwei ganz getrennten
Haelften
zusammensetzen, was ihren doppelten Ursprung deutlich zu erkennen gibt (vgl. Eig. 9 d). Im allgemeinen sind die proximalen Teile der Lamellen mehr oder weniger stark reduziert (cf. Jacot, 1938, S. 653: "lamellae usually represented by more or less of a knob"). Bei
S. trigona
z. B. sind sie ganz verschwunden,
waehrend
sie bei
S. similis
von den Pseudostigmen an bis zu ihrem Endpunkt gut entwickelt sind.
Gewoehnlich
werden sie von einer nur ganz nahe den Pseudostigmen deutlichen
Erhoehung
markiert, die mit wenigen kurz
dornfoermigen
Vorspruengen
versehen ist.
Die
interpseudostigmalen
Chitinkaemme
stehen distal mit den Lamellen in Verbindung, was deutlich zu sehen ist, wenn man sie
schraeg
von der Seite betrachtet (vgl. Fig. 8 dl). Diese Bildungen sind keine besondere Eigenart der Gattung
Suctobelba
, sie kommen auch bei gewissen Oppia-Arten vor, wie bei
O. translamellata Willm.
,
O. falcata Paoli
u. a. Ihre hintere Ecke opponiert beim Subgenus
Suctobelbella
gegen den medialen Vorderrandzahn des Hysterosomas, beim Subgenus
Suctobelbila
und bei der
Suctobelba trigona
gegen eine gerundete Ausbuchtung des Hysterosomarandes.
Gegen den lateralen Vorderrandzahn des Hysterosomas opponiert ein gerundeter, auf der Hinterseite des Pseiidostigmas sitzender Lappen, dessen lateraler Rand sich bis an den oberen Rand des Pseudostigmas erstreckt. Lateral vom Pseudostigma
laeuft
ein abgesetzter,
kleingekoernter
Rand, der nach hinten mit einem abgerundeten Lappen abschliesst, der gegen einen gleichartigen Lappen an der Base des Tectopediums IV opponiert. Dieser Rand
duerfte
dem Tectopedium III entsprechen.
Was schliesslich die Ventralseite anbetrifft, so zeigt der Borstenbesatz, dass die Coxalplatten III u. IV zusammengeschmolzen sind, nicht aber II u. III, wie es Oudemans (1917, S. 37) darstellt. Die Genitalklappen sind mit einem langen Marginalhaar an der vorderen, inneren Ecke und 4
kuerzeren
Haaren auf der
Flaeche
versehen.
Bevor ich zu den verschiedenen schwedischen Arten
uebergehe
,
moechte
ich einige Worte
ueber
S. subtrigona
Oud. und
S. cornigera
Berl. vorausschicken, weil Willmann die letztere als synonym zu der ersten stellte.
S. subtrigona
wurde das erste Mal im Jahre 1900 von Oudemans in einer kurzen Diagnose mit einer "ziemlichen Abbildung des Propodosoma" (Oudemans eigener Ausdruck 1917) unter dem Namen
Eremaeus subtrigonus
beschrieben. Im Jahre 1917 gab er eine
ausfuehrliche
Beschreibung mit Abbildungen des ganzen Tieres in Dorsal- wie Ventralansicht, aber nun unter dem Namen
Xenillus subtrigonus
. Die totale
Laenge
wurde i. J. 1900 mit 300
[[my]]
, hingegen 1917 mit 262
[[my]]
angegeben unter dem Hinweis, dass sie bei verschiedenen Individuen variiert. Die Art ist folglich eine der
groessten
der Gattung. Die Rostralpartie des Propodosomas, die
fuer
die Artbestimmung von grosser Bedeutung ist, wird auf folgende Weise beschrieben: "Das Propodosoma... Seinem fast gerade abgestutzten Vorderrande entspringt eine Art Nase nach vorn. An den Ecken des abgestutzten Vorderrandes befindet sich ein
Hoeckerchen
, wodurch die Ecken noch auffallender hervorspringen... Hinter dem genannten
Hoeckerchen
an den Ecken zeigt der schiefe Aussenrand noch drei solcher, so dass man auch sagen kann, dieser sei
gesaegt."
Bezueglich
der Pseudostigmalorgane sagt er: "Die Stigmalhaare stark, lang, proximal gerade, dann nach vorn und nach innen gebogen, distal breit,
spulfoermig
, innen
und
unten glatt, aussen und oben von zahlreichen
Doernchen
besetzt, und in eine Borste endigend." Die Skulptur des Propodosomas "ist ausser den geschilderten Leisten glatt; die Nase ist deutlich
getuepfelt
; das runde Peld hinter der Nase undeutlich fein poriert". Die Grenze zwischen dem Propodosoma und dem Hysterosoma ist nach Oudemans "deutlich und gerade", aber die Abbildung zeigt einen
kraeftigen
Zahn hinter den Pseudostigmen.
Berlese (1902) beschreibt unter dem Namen
Dameosoma cornigerum
eine nur 200
[[my]]
lange Art. Leider ist die Diagnose so summarisch, dass sie keine
naehere
Bestimmung als nur zum Subgenus
Suctobelbella
gestattet. Man
moechte
daher annehmen, das Paolis
Suctobelba cornigera
(1908) dieselbe Art darstellt, was wahrscheinlich sein
duerfte
, weil Paoli im Institut von Professor Berlese seine Monographie ausarbeitete (laut
muendlicher
Mitteilung von Professor
Traegardh
). Nach Paolis Figur sind die medialen
Vorderrandzaehne
des Hysterosomas etwas kleiner als die lateralen und haben je zwei
Fortsaetze
auf der
Flaeche
des Hysterosomas. Die Pseudostigmalorgane werden als "clavato fusiformibus barbis paucis brevissimis ornatis" beschrieben. Auf der erhabenen Mittelpartie des Propodosomas befinden sich keine
Knoetchen
.
Ueber
das Rostrum werden leider keine Angaben gemacht, aber nach die Abbildung ist es vorn breit abgerundet, ganz ohne
"Nase"
, mit zahnartig abgesetzten Ecken; auf der Seite ganz nahe diesen Ecken ein kurzer und breiter Zahn, unmittelbar hinter ihm ein
schmaelerer
, nach vorn gerichteter Zahn. Paoli gibt die
Laenge
von 220-224
[[my]]
an.
Ein Vergleich zwischen diesen Arten zeigt, dass sie sehr gut voneinander zu unterscheiden sind. Daher ist es
ueberraschend
, dass Willmann diese als identisch bezeichnet. Diejenige Art, die er 1931 als
S. subtrigona
Oud.
anfuehrt
, kann
unmoeglich
diese Art sein, u. a. wegen der unbedeutenden
Groesse
(200
[[my]]
Laenge
). Bei der Beschreibung von
S. intermedia
(1939) vergleicht Willmann diese neue Art mit einer anderen, die er
S. subtrigona
Oud. nennt. Aber auch diese Art ist etwas ganz anderes, was sowohl Text wie Figur zeigen, und auch diese
duerfte
nicht mit
S. cornigera
Berl. identisch sein. Dagegen stimmt die neubeschriebene
S. intermedia
im wesentlichen mit
S. subtrigona
ueberein
. Indessen scheint mir die einzige nennenswerte Abweichung zu sein, dass der
S. intermedia
hervorspringende Ecken an der Base der
"Nase"
fehlen. Oudemans
erwaehnt
freilich die medialen
Vorderrandzaehne
nicht, aber diese
duerften
in
Uebereinstimmung
mit dem
Verhaeltnis
bei den
uebrigen
Arten mit
"Nase"
sehr klein und daher
uebersehen
worden sein. Meiner Ansicht nach sind
S. subtrigona
Oud. und
S. cornigera
Berl. distinkte Arten.
Jacot hat Paolis
Suctobelba
in zwei weitere neue Gattungen aufgeteilt, die
hauptsaechlich
durch die verschiedene Gestaltung des Vorderrandes
des
Hysterosomas charakterisiert sind:
Suctobelbila
(1937 a, S. 241) mit einem Paar
zahnfoermiger
Fortsaetze
und
Suctobelbella
(1937 b, S. 361) mit 2 Paaren, und diese drei Gattungen im Tribus
Suctobelbini
(1939, S. 651) vereinigt. Mir scheint es indessen richtiger, diese Genera als Untergattungen zu betrachten und den Namen
Suctobelba
fuer
saemtliche
Arten beizubehalten.
Von den unten zu
erwaehnenden
Arten
gehoeren
S. trigona
und
S. grandis europaea
der Untergattung
Suctobelba
(s. str.),
S. truncicola
der Untergattung
Suctobelbila
, und alle
uebrigen
Arten der Untergattung
Suctobelbella
an. Gewisse Arten haben ein besonderes Interesse als Parallelarten zu nordamerikanischen Arten. Die meisten wurden bisher nur in
Vaesterbotten
gefunden, aber auch einige
suedlichere
Funde
koennen
erwaehnt
werden.
Folgende
Abkuerzungen
werden bei den nachstehenden Beschreibungen in Anwendung gebracht: Acetab. = Acetabulum. Coxpl. = Coxalplatten. Hyst. = Hysterosoma. Interpseud. = Interpseudostigmale
Kaemme
. Lam. = Lamellen. Propod. = Propodosoma. Pseudost. = Pseudostigma. Tectop. = Tectopedium.
Wegen Raummangel
beschraenke
ich mich bei den nachstehenden Beschreibungen auf solche Charaktere, die
fuer
die Artbestimmung die
groesste
Bedeutung haben. Sohin werden Beine und Mundteile ganz unbeachtet gelassen, und
bezueglich
der Borstenbesetzung werde ich in den meisten
Faellen
auf die Abbildungen hinweisen. Als Rostrum wird das Propodosoma vor den Tectopedia I bezeichnet.
Die Holotypen der neubeschriebenen Arten werden in der Forstlichen Versuchsanstalt Schwedens aufbewahrt, die Paratypen auf derselben Stelle sowie in der Entomologischen Abteilung des Reichsmuseums zu Stockholm.